Fragen und Antworten: Unser Lehrprojekt und "KI macht Schule"

Franziska Schropp
Franziska Schropp
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Zu unserem Lehrprojekt sowie unseren Workshops von KI macht Schule für Schüler:innen haben uns einige Fragen von Studierenden und Lehrenden erreicht. Diese Fragen und unsere Antworten dazu haben wir hier gesammelt. 


Künstliche Intelligenz (KI)


Ist der Name "Künstliche Intelligenz" geeignet, um aktuelle KI-Anwendungen zu beschreiben, oder ist er nur ein Modewort?
 
In der Tat ist "KI" ein Schlagwort, das aktuell häufig verwendet wird, um Fortschritt und Innovation zu suggerieren. Auch ist nicht alles KI, was als "KI" bezeichnet wird, unter anderem deshalb, weil der Begriff "KI" nicht scharf von anderen Technologien trennbar ist. In unseren Angeboten möchten wir aber gerade diesem Trend entgegenwirken, indem wir definieren und diskutieren, was an "künstlicher Intelligenz" die Intelligenz ausmacht. Wir besprechen hierbei auch, welche Anwendungen keine KI beinhalten, obwohl man dies vermuten könnte. Es gibt viele aktuelle Technologien, bei denen unbestritten KI-Methoden zum Einsatz kommen, und wir möchten ein Bewusstsein dafür schaffen, wie man solche Technologien erkennen kann und was diese ausmacht.


Workshops für Schüler:innen


Welche Programme und Hardware werden für eure Workshops und Kurse benötigt?

Einerseits verwenden wir öffentliche und frei verfügbare KI-Tools wie die "Teachable Machine", mit der man ohne Vorwissen und einfach im Browser ein Programm erstellen kann, das verschiedene Bilder erkennt und klassifiziert. In unseren Kursen zeigen wir damit exemplarisch, wie eine KI Verkehrsschilder voneinander unterscheidet und welche Schwierigkeiten es dabei geben kann. Andererseits setzen wir interaktive Software ein, in der verschiedene KI-Methoden im Detail und spielerisch erklärt werden. Diese Software wurde von unserem Team erstellt und kommt in Form von sogenannten Jupyter Notebooks zum Einsatz.
Da es uns ein Anliegen ist, unsere Kurse unabhängig von örtlichen Gegebenheiten durchzuführen, ist keine besondere technische Ausstattung nötig. Alle Programme können auf beinahe jedem Computer ausgeführt werden, wobei komplexe Berechnungen auf externen Servern durchgeführt werden.

Welche Erwartungen bringen Schüler:innen in einen Workshop von "KI macht Schule" mit? Ist die "jüngere Generation" tendenziell offener für die KI oder werden viele Vorurteile und Sorgen geäußert?  

Generell sind die Vorkenntnisse und Erwartungen von Schüler:innen zum Thema KI sehr heterogen. Im Vergleich zu anderen Personengruppen kann man aber eine eher offene und vorurteilsfreie Einstellung zur KI beobachten. Trotzdem sind sich auch bereits junge Schüler:innen meist bewusst, dass auch kritische Fragestellungen im Bezug zur KI angesprochen werden sollten.

Sind Anwendungen mit dem Einsatz von KI selbst Teil der Vermittlung?

Es existieren diverse interaktive digitale Tools, die selbst auf KI-Methoden basieren und die sich für die Vermittlung von KI eignen. So lassen sich bspw. anhand der Teachable Machine (ein Tool von Google zur Bildklassifizierung)
a) technische Grundideen von KI-Systemen (bspw. Lern- und Testphase),
b) die Bedeutung möglichst diverser Lerndaten sowie
c) ethische Aspekte mit Schüler:innen diskutieren. 
Weitere Tools, die sich in ähnlicher Weise für die Vermittlung eignen, sind u.a. online verfügbare Chatbots (z.B. der Cleverbot) oder Tools zur Klassifizierung handgeschriebener Zeichnungen (Google Quickdraw).

Ein interessantes Einsatzgebiet ist der medizinische Bereich. KI wird zum Beispiel bei der Diagnose von Krankheiten eingesetzt und übertrifft hier teils zuverlässig jahrelang praktizierende Ärzte. Im Zusammenhang mit Ethik ist autonomes Fahren ein klassisches Beispiel. Wird auf diese beiden eingegangen? 
 
Ja. Beide angesprochenen Beispiele werden in unseren Kursen standardmäßig erwähnt und je nach gewähltem Spezialthema wird auch mehr darauf eingegangen. Die Diagnose von Krankheiten dient als Anwendungsbeispiel in unserem Hands-On-Teil zum Thema "Medizin", in dem wir genauer untersuchen, wie Klassifikation mit Hilfe von Neuronalen Netzen funktioniert. Es gibt auch ein Thema zu "Autonomem Fahren" – hier werden selbstverständlich im Ethik-Teil, der ebenso standardmäßig in unseren Kursen vertreten ist, auch das ethische Für und Wider des autonomen Fahrens sowie grundsätzliche ethische Fragestellungen im Zusammenhang mit KI (z.B. Trolley-Problem) diskutiert.

Inwiefern sollen Schüler:innen KI anwenden? Soll den Lehrkräften somit das Lehren erleichtert werden oder den Schüler:innen der Umgang mit KI spezifisch beigebracht werden?

Das Thema "KI und Schule" kann aus zweierlei Sicht beleuchtet werden. Zum einen können KI-Technologien, die in der Schule von Lehrkräften oder Schüler:innen einsetzbar sind, betrachtet werden. Für das Anwendungsfeld "Schule" wären dies beispielsweise automatische Bewertungssysteme und Systeme zur Lernhilfe. Unser Fokus liegt aber auf der zweiten Sicht: Schüler:innen das Thema KI verständlich zu vermitteln. Das bedeutet, dass man aus verschiedenen Perspektiven, den Schüler:innen die Grundlagen (einschließlich technischer Hintergründe) der künstlichen Intelligenz erklärt, kritische Fragen und Diskussionspunkte anspricht und verschiedene Anwendungsbereiche der KI Technologien (von denen die Schule nur einer unter vielen ist) betrachtet.

Wird die KI zur Analyse genutzt oder wird diese aktiv im Unterricht verwendet? 
 
Wir setzen verschiedene Tools ein, die Schüler:innen selbst ausprobieren können. Diese Tools legen einen jeweils verschiedenen Fokus: Teils betrachten wir Ergebnisse einer künstlichen Intelligenz, teils verdeutlichen wir den Trainingsprozess, teils versuchen wir die Mathematik hinter KI nachzuvollziehen.



Vermittlung von künstlicher Intelligenz

 
Ist der Umgang mit KI für Schüler:innen nicht noch ein wenig kompliziert oder gibt es schon Konzepte oder Umsetzungen, wie dies vereinfacht dargestellt werden könnte? 
 
Da viele KI-Anwendungen mit einer sehr intuitiven und einfachen Nutzeroberfläche ausgestattet sind, ist der Umgang mit KI nicht generell zu kompliziert für die heutigen ("digital native") Schüler:innen. De facto benutzen die allermeisten Schüler:innen bereits diverse KI-basierte Tools in ihrem Alltag.

KI könnte für die jetzige Schülergeneration im späteren Ausbildungs- und Berufsleben eine zentrale Rolle spielen. Eine frühe und professionelle Einführung in das Thema hängt vor allem von einer guten Vermittlung ab. Wie können die Prozesse von KI vereinfacht, darstellbar und diskutierbar gemacht werden, ohne zu sehr in komplexe Probleme der Informatik eintauchen zu müssen?
 
Wir sind der Überzeugung, dass die Grundkonzepte hinter KI auch Schüler:innen ohne Probleme nähergebracht werden können, und versuchen, genau dies in unseren Kursen umzusetzen. Klar ist, dass nicht alle Jugendlichen später einmal programmieren werden – dies zu vermitteln, ist aber auch gar nicht unser Ziel. Eher möchten wir unsere Kursteilnehmenden zu einem kritischen und bewussten Umgang mit modernen Technologien bewegen. Der erste Schritt dafür ist es, die Grundkonzepte im Kern zu verstehen, was auch ganz ohne Informatik und Programmieren möglich ist.

Werden die Schüler:innen über die verschiedenen Möglichkeiten informiert, wie sie KI in ihrem täglichen Leben bereits nutzen (z.B. soziale Medien, Filter, personalisierte Werbung, ...), und werden die damit verbundenen Risiken (z.B. Entstehung von Echokammern) diskutiert?
 
Es ist gerade unser Anliegen, Schüler:innen in ihrer Lebenswelt abzuholen und ihr Bewusstsein für ihre eigene Nutzung von KI-basierten Technologien zu stärken. Wir wollen nicht nur darüber informieren, wo KI im Alltag begegnet (insbesondere auch im Alltag der Schüler:innen), sondern dies gemeinsam erarbeiten. Die ethisch-gesellschaftliche Diskussion der Risiken steht dabei im Zentrum der Auseinandersetzung.


KI-Themen in der Schule


Wie werden die Bildungsangebote zum Thema KI bisher von Schulen angenommen? Ergibt es Sinn, derartige "digitale" Themen direkt in den Lehrplan zu integrieren? 
 
Seitens der Lehrkräfte besteht durchaus großes Interesse an (außerschulischen) Lern- bzw. Workshopangeboten für ihre Schüler:innen rund um das Thema KI. 
Aufgrund der Relevanz von KI für unsere Gesellschaft (jetzt und auch in Zukunft) ist es sinnvoll oder gar notwendig, derartige Themen in die Bildungspläne aufzunehmen. Dies bedarf jedoch zugleich einer entsprechenden Aus- und Fortbildung von (angehenden) Lehrkräften, damit diese sich befähigt fühlen, das Thema kompetent in den eigenen Fachunterricht zu integrieren. Auch wird gutes (digitales) Lehr- und Lernmaterial benötigt. Aufgrund der enormen Interdisziplinarität von KI wäre die Einbindung in diversen Schulfächern denkbar und sinnvoll möglich. KI-Technologien beruhen vielfach auf (informatischen und mathematischen) Konzepten, die z.T. bereits in den Lehrplänen verankert sind. Damit kann das Thema KI dazu dienen, schulische Inhalte zu vernetzen und damit die Bedeutung dieser hochrelevanten Technologien aus unserem Alltag erfahrbar zu machen.
 
In welche Schulfächer lässt sich das Thema KI einfacher bzw. schwerer integrieren? Gibt es beispielsweise bei geisteswissenschaftlichen Fächern besondere Herausforderungen, diese Thematik produktiv einzubinden?
 
In den naturwissenschaftlichen Fächern scheint die Einbindung von KI in den Fachunterricht in der Tat zunächst leichter zu sein: So kann man sich in Mathematik beispielsweise die Methodik dahinter ansehen, in Biologie Analogien zwischen Künstlichen Neuronalen Netzen und dem menschlichen Gehirn diskutieren oder in Informatik selbst entsprechende Programme schreiben. In den geisteswissenschaftlichen Fächern liegt die Verbindung weniger auf der Hand. Allerdings gibt es auch dort zahlreiche Möglichkeiten der Einbettung, sofern man etwas kreativ an die Sache herangeht: Beispielsweise kann man in Deutsch oder gesellschaftswissenschaftlichen Fächern journalistische Praktiken, in denen KI mittlerweile eine große Rolle spielt, diskutieren. In den Fremdsprachen kann über eine Bewertung von Übersetzungssoftwares eine Debatte über Sinn und Zweck von Übersetzungen grundsätzlich angestoßen werden. In Ethik, Religion und anderen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern können vielerlei Chancen und Risiken diskutiert werden. Selbst in Kunst oder Musik bietet es sich an, KI-Einsatz in den kreativen Bereichen zu beleuchten und debattieren. So ermöglichen es KI-Technologien und deren Einsatz, die Begriffe des eigenen Faches zu hinterfragen und zu schärfen. 
 
Künstliche Intelligenz wird häufig mit naturwissenschaftlichen Fächern und Fragestellungen assoziiert. Gibt es Überlegungen auch an die Geisteswissenschaften anzuknüpfen? Und wie wird diese relative Zuordnung der KI zu den Naturwissenschaften (die sicher nahe liegt, aber ja evtl. nicht unproblematisch ist) vom Team reflektiert? 
 
Uns ist wichtig, zu verdeutlichen, dass die künstliche Intelligenz eine interdisziplinäre Brückentechnologie ist. Um einen positiven Einfluss von KI auf die Gesellschaft zu ermöglichen, sollten verschiedene Perspektiven in die Entwicklung und Diskussion um KI Technologien einbezogen werden. Insbesondere können hier geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer zu entscheidenden Fragen der Chancen und Risiken dieser Technologien beitragen. Darüber hinaus benötigt es auch aus der Perspektive der Entwickler:innen oft spezifisches Fachwissen (beispielsweise aus der Sprachwissenschaft, der Medizin oder der Politikwissenschaft), um konkrete KI-Anwendungen zu implementieren. Daher gibt es in fast allen Schulfächern Anknüpfungspunkte mit dem Thema KI.

Mittlerweile gibt es kaum noch Disziplinen, in denen nicht an KI-Lösungen gearbeitet wird. Für viele (kleinere) Unternehmen ist es schwierig, sich das nötige Know-How anzueignen, und der Einkauf von KI-Expertise ist ggf. zu kostspielig.
Steht die Einbindung von KI in die schulische Bildung als Antwort auf dieses Problem, damit auch Deutschland als Innovationsstandort im Bereich der KI Bestand haben kann?
 
Zum einen kann die Einführung von Informatik als verpflichtendes und bereits früh einsetzendes Schulfach eine mögliche Antwort auf die Frage sein, wie Deutschland als Innovationsstandort mithalten kann. Im Informatikunterricht, aber auch in anderen Schulfächern (bspw. Mathematik oder Ethik) ließe sich Grundlagenwissen rund um das Thema KI curricular verankern und im schulischen Unterricht vermitteln. So sollen Schüler:innen bereits frühzeitig für derartige Themen sensibilisiert und sogar für eine berufliche Zukunft im MINT- oder KI-Bereich begeistert werden!
 
Was sind mögliche Fragen im Zusammenhang mit KI, die in der Schule diskutiert werden könnten? Und habt ihr schon einmal neue wichtige Ideen und Überlegungen von Schüler:innen gehört, an die ihr selbst nie gedacht hättet?

Zuerst einmal ist es sehr wichtig zu klären, was überhaupt KI ist. Daran anschließend kann man beispielsweise folgende Fragen diskutieren: Wann ist KI "gut" und wann "schlecht"? Wo habe ich mit KI in meinem Alltag zu tun? Kann ich selbst eine KI erstellen/programmieren? Und wenn ja, wo und wie?  
Direkt neue Ideen und Überlegungen sind bisher weniger aufgetreten. Was jedoch überrascht, ist, dass doch sehr viele Schüler:innen eine sehr gute intuitive Vorstellung davon haben, wo ihnen KI im Alltag schon begegnet. Des Weiteren finden Schüler:innen erstaunlich schnell Schwachstellen von KI-Systemen oder versuchen, diese Systeme "auszutricksen". 
 
Dass komplexe Themen wie KI schon in der Schule vermittelt werden sollen, finde ich sehr spannend. Soll das Thema in allen Schularten vermittelt werden oder ist das Konzept auf ein bis zwei Schularten begrenzt?

Da wir glauben, dass KI alle betrifft, sollen unsere Inhalte (in jeweils geringfügiger Anpassung) in allen Schularten und Jahrgangsstufen behandelt werden. Ebenso kann unser Programm problemlos in der Erwachsenenbildung z.B. an Hochschulen und Volkshochschulen eingesetzt werden. Wir sind der Überzeugung, dass auch komplexe Sachverhalte so vermittelt werden können, dass jeder sie im Kern verstehen kann; egal ob er oder sie 8 oder 80 Jahre alt ist.



Die Fragen wurden teilweise leicht angepasst. Alle Antworten wurden vom interdisziplinären Dozierenden-Team unseres Lehrprojektes gegeben: Dr. Sarah Schönbrodt, Dr. Lothar Sebastian Krapp, Daniela Schuster, Franziska Schropp, Moritz Link. Die redaktionelle Bearbeitung erfolgte durch Alina Jankowsky.